Wednesday 25 May 2011

Cafe Alt Wien

um Abschluss gehen wir ein zweites Mal ins Alt Wienm, da mein russischer Freund noch einmal das koestliche und sehr preiswerte Gulasch geniessen moechte. Unsere Wiener Freundin hatte uns ja vorgewarnt, das das Cafe in der Kuenstler- und Intellektuellen-Szene beliebt sei, aber was wir ansehen mussten, war dann doch zu viel: ein etwa 40-jaehriger Mann mit Dreitagebart sass in Armeehosen gekleidet alleine am Tisch, trank das lokale Bier EGGER und las Heideggers "SEIN UND ZEIT". Er sieht nicht aus wie einer, der versteht was er da liest, aber wer weiss, es ist nunmal ein Intellektuellencafe. Ich beschliesse aber, ihn weiter zu beobachten, um ihn zu entlarven.

Nach einer Weile, das Gulasch ist noch immer nicht gekommen, schaue ich erneut zu ihm rueber, und der Verdacht des Hochstaplers erhaertet sich: inzwischen hat er "SEIN UND ZEIT" zur Seite gelegt, dem nach ein paar Glas EGGER und ohne die entsprechenden Vorkenntnisse wohl nur schwer zu folgen ist, und liest nun vergnuegt die erste Seiten von "MIT KANT AM STRAND"!!!

In diesem Moment wird das Gulasch serviert, und wir widmen uns der untersten Ebene der Maslowschen Pyramide, anders als unser Nachbar.

Cafe Diglas

Im Cafe Diglas notiere ich mir nur folgendes:

Kellnerin - unfreundlich

der Kaffee - untrinkbar, bitter, Automatenkaffee

Kaiserschmarn - herrlich, wie auch die Broetchen

Cafe Hawelka

Es ist schon elf Uhr abends, als wir ins fast leere Cafe Hawelka kommen, aber wir koennen noch frische Buchteln und Melange bestellen (diesmal keine "Wiener Melange", wir haben gelernt!). Buchteln heissen in Hamburg Berliner, und in Berlin Wiener, hier sind es einfach Buchteln mit langgezogenem u. Hinter uns setzen sich zwei deutsche Touristen und fragen den Kellner "haben Sie so was Suesses?", "Ja, Buchteln!" platzt es dem Kellner vorwurfsvoll heraus (da hat wohl jemand vor seinem Besuch das Cafe Hawelka nicht ordentlich recherchiert!). "Ja, dann nehmen wir Buchteln", bestellen die Deutschen, und als der Kellner wieder weg ist, hoere ich den einen seinem Freund zufluestern "was sind denn ueberhaupt Buchteln?".

Wir aber trinken einen letzten Schluck Melange und fragen nach dem Zettel.

Cafe Englaender

Am Abend treffen wir uns mit einer Wienerin im Cafe Englaender und haben Startvorteil. Wir lernen, das Wiener Kellner nicht von der Rechnung sprechen, sondern dem ZETTEL. Wir sitzen gemuetlich draussen und essen deftig (Gekochtes Rindschulterscherzel mit Bouillongemüse). Als unsre Wiener Freundin gehen muss, empfiehlt sie uns, zur Nachspeise die hausgemachten Buchteln im Hawelka zu probieren.

Cafe Prueckel

Sonntags um halb neun ist das Cafe Diglas (in dem ich es auf den Kaiserschmarn abgesehen habe) noch geschlossen, so landen wir im Cafe Prueckel. Ich erwarte so frueh am morgen keine Wiener anzutreffen, aber weit gefehlt! Am Fenster sitzt eine Rentnerin, die sich schon zehn Zeitungen fuer den Tag gehortet hat. Am Nebentisch kloppt eine Seniorenrunde bereits angeregt Karten.  Eine kurze Zeit spaeter gesellt sich noch eine Studentin mit ihrem Laptop neben uns und schreibt und schreibt.

Sowohl der Kaffee als auch die Broetchen schmecken uns nicht so gut wie im Cafe Central oder im Cafe Sperl, der Lichtblick des Kaffeehausbesuchs sind die Karten der Seniorenrunde, die wie wir bei genauerem Hinsehen in Din A5 Groesse angefertigt sind. Sowas haben wir noch nie gesehen.

Cafe Sperl

Wir verbringen den Tag im Kunsthistorischen Museum, werden von dem Umfang der Sammlung ueberrascht und goennen uns eine Mittagspause im naheliegenden Cafe Sperl zu unserem zweiten Kaffeehausbesuch. Hier gilt's, die Kellner mit unseren Kaffeekenntnissen zu beeindrucken - mein russischer Freund entscheidet sich fuer einen Pharisaer und ich bestelle einen (eine?) Maria Theresia, weil die Namen so schoen klingen.

Anstatt des gemuetlichen Schuss Rums scheinen sie das halbe Glas mit Rum gefuellt zu haben, was sogar meinen Wodka-erprobten Reisebegleiter umhaut. Wir schwoeren uns, in Wien von nun an nur noch Einspaenner zu bestellen. Das leckere Wiener Schnitzel beruhigt unsere Magen wieder etwas und wir koennen uns nachmittags gestaerkt und gluecklich dem zweiten Teil der Kunstsammlung widmen.


Pharisäer: angeblich nur 4 cl Rum mit Kristallzucker in Einspännerglas verrührt, mit heißem Mokka und Schlagobershaube

Maria Theresia: Mokka mit Orangenlikoer und Weinbrand

Einspänner:  Henkelglas mit schwarzem Kaffee, Obers (Schlagsahne) und Staubzucker

Cafe Central

Der erste Kaffeehausbesuch in Wien verlaeuft holprig, dazu sind wir in einem Touristencafe, in dem wir uns Fehler leisten koennen. Hier koennen wir ueben, bevor wir in die alternativeren Kaffeehaeuser vordringen. 

Wir kommen frueh morgens ins fast leere Cafe Central und werden von einem adrett gekleideten Kellner begruesst. Als erstes bestelle ich eine "Wiener Melange" und bemerke meinen faux pas, sobald der Kellner die Augenbrauen hochzieht und "also eine Melange" notiert. Auf die Frage, ob wir nach dem Wiener Fruehstuck noch etwas anderes wuenschen, antwortet mein russischer Freund, der sein Deutsch in Hamburg gelernt hat, dem Kellner mit "nee" und "noe", bis ich ihn durch wiederholte Ellbogenstoesse anrege, endlich "na!" zu antworten. Wir wollen doch Wiener sein!

Das Fruehstueck schmeckt gut, die Kellner sind professionell und wir haben unsere Ruhe. Der Preis ist auch sehr anstaendig. Wir haben ein Touristencafe erwartet, fuehlen uns aber dennoch wohl im Cafe Central.